"Gestatten (schnief), mein Name ist Cox..."
- so begann jede Folge einer
Hörspielserie im Nordwestdeutschen Rundfunk (NWDR), die
trotz vorgerückter Stunde zu verfolgen mir in den frühen
fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts vergönnt und
gestattet war. Dass diese spannenden sonnabendnächtlichen
Halbstunden meine schulische Laufbahn beeinträchtigt
hätten, kann nicht nachgewiesen werden. Nach der Grundschule
am Swattenweg (sprich: [swattnwäch]) am
Luruper Rand der Freien und Hansestadt Hamburg
besuchte ich ab Ostern 1954 die damals noch existente
Schlee-Schule, Oberrealschule / Realgymnasium nach dem schulreformerischen Konzept des Ernst
Schlee, daher ein neusprachliches und mathematisch-naturwissenschaftliches "Gumminasium" (wie einer meiner Klassenlehrer sich auszudrücken pflegte) (hochgelobt sei
mein Kunsterzieher
Albert Feser!). Das Etikett "neusprachlich/mathematisch-naturwissenschaftlich" war für uns Schleeschüler existentiell bedeutsam: Es gab uns, die wir bis
zum Neubau unserer im Krieg ausgebombten Schule die Gebäude und Höfe des
Othmarscher Konkurrenzunternehmens Christianeum mit den
humanistisch-altphilologisch gebildet werdenden Christianeern teilen mussten, doch ein realitätszugewandtes Profil. Dieses
wiederum hielt mich ebensowenig wie die Große Sturmflut 1962 davon ab, im Rahmen des Vorabiturs sowohl mit großer Freude als auch magna
cum laude das Große Latinum zu erwerben. Der damit eröffnete Weg zum Theologen oder Mediziner oder Apotheker oder
Meeresbiologen oder Lateinlehrer wurde von mir nur bedingt und insofern beschritten, als ich mich, dem Rat des Bischofs zu
Osnabrück folgend, im schönen Lenz des Jahres 1963 (eben jenes Jahres, in dem der von mir nunmehr hochverehrte Sohn Groß-Flottbeks, Axel Brauns*, späterer Schleeschüler und noch späterer Schriftsteller mit sprachschöpferischem Genie, das Licht seiner autistischen Buntschatten- und Fledermäuse-Welt erblickte) zu pädagogischen, theologischen, philosophischen, soziologischen,
psychologischen und biologischen Studien an der damals zwar schon baufälligen, aber noch nicht nach Hildesheim umgezogenen
Pädagogischen Hochschule im einzigartigen, schönen Alfeld im
Leinebergland (hochgelobt sei mein Musik-Professor
Dr. Wolfgang Roscher!) einschrieb und einfand. Nach
zwischenzeitlicher sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit
als Postfacharbeiter schloss ich mein Volksschullehramtsstudium an
der Pädagogischen Hochschule im einzigartigen, schönen Lüneburg
(hochgelobt sei mein Biologie-Professor Hans Grupe!) am Rande der
gleichnamigen Heidelandschaft ab, worauf mich das Land
Niedersachsen ab 15. April 1967 mit der Verwaltung einer
Lehrer-Planstelle an der Josefschule**,
Volksschule in
Emmeln,
Emsland, betraute, wo ich die für einen Volksschullehrer
so wichtige Erfahrung im Allround-Einsatz gewann: Unterricht in
allen Klassenstufen und in allen Fächern (freilich außer
Nadelarbeit und Religion). Weder die
Nähe Hollands noch die Ferne jeglicher Urbanität
hinterließen Spuren auf meinem Lebensweg, wohl aber meine
Aktivitäten zur Aktivierung des Meppener Kreisverbands der
Lehrergewerkschaft GNL/GEW (als Schriftführer) und des GEW-Ausschusses für junge Lehrer und Erzieher im Bezirksverband Osnabrück sowie meine Vorstandsmitgliedschaft im von
mir mitgegründeten SPD-Ortsverein Haren (Ems). Beides war im damaligen Emsland exotisch; aber es war mein bescheidener Beitrag
zu den 68er Jahren...
Die Aufbruchstimmung des Frankfurter Grundschulkongresses, an dem
ich im Jahre 1969 begeistert teilnahm, und der
kognitionspsychologische, sozialwissenschaftliche und
gesellschaftspolitische Impetus, der zu ihm hinführte und von
ihm ausging, hat möglicherweise einen ebenso nachhaltigen
Einfluss auf mein pädagogisches Konzept gehabt wie meine
Studienzeit.
1971 wechselte ich nach Hessen, dessen Bildungswesen sich damals
anschickte, die Lehrpläne des Nachkriegsjahrs 1953 ad acta zu
legen und das fortschrittlichste in der Bundesrepublik zu werden.
An der Mittelpunktschule Rhoden, Grund-, Haupt- und Realschule des
Landkreises
Waldeck-Frankenberg, an der ich 33 Jahre lang arbeitete, begann
im Jahre 1972 meine Tätigkeit als Lehrerausbilder, und zwar
als Mentor und als Leiter des Schulseminars, zu dem zeitweise
vierzehn Lehramtsreferendare aus zwei Schulen gehörten. Diese
Mitarbeit in der Lehrerbildung innerhalb des 1972 eingerichteten
Studienseminars Korbach wurde in den folgenden Jahren ausgedehnt
und im Jahre 1978 hauptamtlich. Zuvor hatte ich im Jahre 1974 durch
Ablegung einer Prüfung vor dem Wissenschaftlichen
Prüfungsamt an der Justus-Liebig-Universität in
Gießen die Lehrbefähigung für Mathematik / Sekundarstufe I und ein
Jahr darauf den Titel und Status eines Realschulschullehrers
erworben.
Jahrzehnte lang arbeitete ich einzweihalbebeinig: mit einem halben Bein in der
Grundschule, mit dem anderen halben in der Sekundarstufe und mit dem
zweiten in der Lehrerbildung, Schwerpunkt Mathematikdidaktik. Ich fand es besonders reizvoll, nach einer Mathematikstunde in einer 10. Realschulklasse zu meinen i-Männchen zu gehen und umgekehrt, oder nach einem Einhören in das Adagio aus Schuberts Streichquintett oder einer symboldidaktisch geprägten Betrachtung eines Bildes von Relindis Agethen einen algebraischen Sachverhalt more geometrico durchzuarbeiten. Seit August 2003 setze ich meine schulpraktische Arbeit an der empfehlenswerten Uplandschule, Gesamtschule in Willingen, fort.
Kleine Brötchen backen, aber mit Liebe, Originalität und Gründlichkeit! Dieser mein Wahlspruch darf unter Hinweis auf meine Urheberschaft gern zitiert werden.
Gerhart Dieter Greiß, ein Hamburger in Diemelstadt
* Brauns, Axel: Buntschatten und Fledermäuse. Mein Leben in einer anderen Welt. Hoffmann und Campe, Hamburg 2002. (Goldmann, München 2004).
** Herzliche Grüße an meine Kolleginnen Christine Trümper und Wiebke Quaet-Faslem und an meine Schüler Monika, Gerda, Werner, Roswitha, Helga, Christel, Heribert, Bernd, Hermann, Inge und alle anderen, an die ich mich gern erinnere.