Exzerpte aus Artikeln zum Thema "Außerschulische Lernorte"
Außerschulische Lernorte
Gliederung:
gerecht werden
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Svenja Ewe
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EG – Seminar |
11. Juli 2006 |
In den drei ausgewählten Artikeln geht es um außerschulisches Lernen. Auf verschiedenen Ebenen sind die Ansatzpunkte der AutorInnen für ihre Auseinandersetzung mit der Thematik angesiedelt. Die Reihenfolge ist nicht willkürlich, sondern folgt in Ansätzen einem deduktiven Vorgehen – vom Allgemeinen zum Speziellen.
Im Folgenden soll nun das Wesentliche der drei Artikel herausgearbeitet und zusammengefasst werden. Eine Absicht dieser Zusammenfassungen ist es, außerschulische Lernorte für möglichst alle Fächer zu erwähnen sowie ihre Funktionen und Intentionen zu beschreiben, wobei im letzten Abschnitt das Museum schwerpunktmäßig thematisiert wird.
Claus Claussen zeigt in der Einleitung seines Artikels die aktuelle Situation an Schulen auf und stellt die Frage, ob Schule ein abgegrenzter Lernort sei.
Claussen bemängelt, dass in Zeiten von Standards, Vergleichsarbeiten und vereinheitlichenden Leistungstests und Rankings Elementares verloren geht. So lange durch ein selektionsorientiertes deutsches Schulwesen die soziale Ungerechtigkeit faktisch nicht überwunden werden kann und Schulentwicklung in erster Linie unter ökonomischen Gesichtspunkten betrieben wird, werden Schulen aus „nahe liegenden Gründen“ reformorientierte Ansätze vernachlässigen und sich eher wieder dem „eigentlichen Unterricht“ zuwenden und „Ballast“ abwerfen.
Da aber Claussen die Frage, ob die Schule ein abgegrenzter Lernort sei, verneinen muss und dies damit begründet, dass die Schüler Schule als gesellschaftliches Spannungsfeld erfahren, kommt er zu dem Schluss, dass die „Welt da draußen“ nicht draußen gehalten werden kann, weshalb eine Verknüpfung mit außerschulischen Lernorten richtig und wichtig ist. Aus reformorientierter Sicht gibt er folgende Argumente für eine inhaltliche Verknüpfung von Schule und anderen Lernorten an:
- Handlungs- und Erfahrungsräume, die vor allem Erfahrungen aus erster Hand anbieten und zudem starke Eindrücke zulassen und durch Präsentationsmittel des Unterrichts nicht erreicht werden können, sollen gewonnen werden.
- Mit diesen Lernorten verbinden sich eher emotionale Erlebnisse und nachhaltige Erfahrungen.
- Unverstellte reale Situationen bieten zudem Offenheit für selbstständig fragende und forschend-entdeckende Zugriffe der Kinder und Gelegenheit für die eigenständige Anwendung von differenten Lernmethoden.
Aus Sicht des üblichen Schulbetriebs erscheint ein solcher Unterricht – um nur einzelne Argumente aufzulisten – zu zeitaufwendig, das Verhältnis zwischen aufgewendeter Zeit und erreichtem Ertrag sei eher ungünstig und die gebührende Ernsthaftigkeit fehle.
Weil Claussen sich bei der Darstellung der Gründe für die Verknüpfung von Schule und außerschulischen Lernorten auf Argumente der „alten“ Reformpädagogik stützt, stellt er im Anschluss die Frage „Gelten die Gründe für die Einbeziehung außerschulischer Lernorte heute noch?“ und kommt zu dem Schluss, dass durch die Veränderung der kindlichen Lebenswelt die Gründe heute verstärkt gelten. Armut an Primärerfahrungen und Handlungsferne bei Kindern und Jugendlichen lassen für Claussen die sorgfältige pädagogisch-didaktische Verknüpfung des Schulbetriebs mit zahlreichen außerschulischen Lernorten dringlich erscheinen.
Claussen empfiehlt für das Aufsuchen von außerschulischen Lernorten ein dreistufiges Verfahren, das vor allem auf Nachhaltigkeit zielt:
- im Klassenzimmer sollten vorher Frage- und Problemstellungen, Erkundungsaufträge, Lernstrategien und Methoden vorbereitet werden.
- „vor Ort“ sollte sodann erfahrungsorientiertes, entdeckend-forschendes Lernen möglichst kooperativ (Partner- oder Kleingruppenarbeit) so organisiert werden, dass es weitestgehend selbstständig erfolgen kann.
- Reflexion, Aufarbeitung und Darstellung bzw. Dokumentation der Ergebnisse sollte anschließend den Unterricht im Klassenzimmer prägen.
Abschließend postuliert Claussen, dass die professionelle Verknüpfung des Lernortes Schule mit außerschulischen Lernorten „Bildungsstandard“ jeder Schule sein sollte.
Waltraud Schreiber merkt einleitend an, dass der Begriff „außerschulisches Lernen“ gewollt oder ungewollt auf „innerschulisches Lernen“ als Gegenbegriff verweist. Meistens wird außerschulisches Lernen positiver bewertet als schulisches. Beides hat Vor- und Nachteile, weshalb sich die Möglichkeiten beider Lernorte am besten entfalten lassen, wenn eine sinnvolle Verknüpfung hergestellt wird.
Die Entscheidung für einen außerschulischen Lernort und die Auswahl des Ortes müssen also gut überlegt sein. Wichtig ist, dass die Struktur des Ortes mitbestimmt, was und wie an ihm gelernt wird.
Im Anhang werden verschiedene Lernorte von Waltraut Schreiber vorgestellt, die sich für fachspezifisches und auch fächerübergreifendes Lernen eignen und inwiefern.
Aus Bernd Schönemanns Artikel soll einführend folgendes Zitat von Christoph Stölzl übernommen und vorgestellt werden:
„Die Museumswelt hält für die Menschen, die sie betreten, reichlich Überraschungen und Abenteuer bereit. Orte der Erkenntnis, des Erstaunens und der Verzauberung können Museen sein, aber auch Parcours von lustlosen Pflichtübungen, und schlimmer: von Enttäuschungen. (…) Die Wege der Menschen im Museum folgen, traut man der Literatur, recht selten den pädagogischen Curricula, die sich Museumsleute ausdenken. Stattdessen finden wir, dass Museen zur Bühne fast aller menschlichen Gefühle taugen.“
In eine ähnliche Richtung deuten die O-Ton-Zitate von Aufsehern aus dem Germanischen Nationalmuseum Nürnberg, welche Schönemann anbringt, um die Abhängigkeit der Museumserfahrung von der Perspektive, mit der der Besucher oder der Aufseher das Museum besucht, zu verdeutlichen.
„Am schlimmsten sind die Lehrer, die ihren Schülern nur sagen: Oben findet ihr die Moderne, in der Mitte die Alten Meister, und unten treffen wir uns um ein Uhr wieder.“
“Hier drinnen ist ein anderes Tempo als draußen. Man wird ruhiger. Man muss
sich sammeln, fast identisch werden mit den Gegenständen. (…) Man verliert
jedes Zeitgefühl. Man braucht keine Uhr mehr, an den Beinen spürt man, wie spät
es ist. Man muss abschalten, sonst werden die acht Stunden zu lang.“
„Durchschnittlich sind es gerade einmal neun Sekunden, die der Besucher eines großen Museums von einem Exponat verweilt, während er sich in kleinen Museen offenbar etwas mehr Zeit dafür nimmt. Hier soll der Durchschnittswert immerhin zwölf bis fünfzehn Sekunden betragen.“
Da im Artikel Schönemanns der Museumsbesuch als Teil des Geschichtsunterrichts erörtert wird, sollen die vier Zitate genügen, um den grundsätzlichen Aspekt der Perspektive des Museumsbesuchs aufzuzeigen. Dies untermauert sowohl Claussens dreistufigen Ansatz für das Aufsuchen eines außerschulischen Lernortes, als auch Schreibers Anspruch, die Entscheidung und Auswahl des Ortes sorgfältig überlegt zu haben.
Claussen, Claus: Lernorte außerhalb der Schule. In: Lernchancen 40/2004,
S. 4 – 5
Schönemann, Bernd: Lernort Museum – Lernort Schule. In: Pädagogische Führung 3/2002, S. 107 – 111
Schreiber, Waltraut: Lernen an außerschulischen Lernorten. Dem Ort und
dem Unterrichtsziel gerecht werden. In: Lernchancen 40/2004, S. 6 - 11