Gerhart Dieter Greiß
Mittelpunktschule Rhoden in Diemelstadt
Klasse 5R
Mathematik
2001-09-04
Unterrichtsthema:
Probleme bei der
Darstellung von Zahlen mit römischen Zahlzeichen: Abweichungen von dem für das
römische Zahldarstellungssystem typischen Additionsprinzip
Eine Stunde zur Festigung der Regeln des römischen Zahldarstellungssystems innerhalb der
Unterrichtseinheit: Darstellung großer Zahlen:Zahldarstellungssysteme / Potenzen
Aktuelle Ausgangslage; Zielsetzung:
Die Schüler haben in den vergangenen Schulwochen gelernt, auch sehr große Zahlen (im Millionen-, Milliarden-, Billionen- und Billiardenbereich) dezimal zu notieren und dezimale Zahldarstellungen (mit mehr als 7 Stellen) (nach Dekodierung) zu lesen. Dabei haben sie den Begriff „Stufenzahlen“ (eigentlich: Namen für Zehnerpotenzen als Einheiten in N: E, Z, H, T, ZT, ...) gefestigt und den Begriff „große Stufenzahlen“ (eigentlich:Namen für Zehnerpotenzen 10n mit 3|n als Einheiten in N: Tausender, Millionen, Milliarden, Billionen, Billiarden, ...) erworben. (Dabei ist ihnen das sprachliche Prinzip der Bildung der Einheitennamen ab Millionen deutlich geworden: -ionen, -iarden. Die Namen noch größerer Einheiten wie Trillionen, Trilliarden, Quadrillionen, Quadrilliarden habe ich zwar erwähnt, erwarte aber keinesfalls, dass sie von den Schülern behalten werden. Entscheidend für den Lernprozess war neben der operativen Beziehung zwischen den Einheiten das Wissen darum, dass die Möglichkeit, beliebig große Zahlen dezimal zu benennen und zu notieren, theoretisch unbegrenzt ist.)
Dabei fiel mir auf, dass es vielen Schülern dieser Klasse schwer fällt, ihre Kenntnisse über das Stellenwertprinzip, die in der Grundschule bis in den Millionenbereich hinein hätten erworben und gefestigt werden sollen, auf größere Zahlen und ihre dezimale Darstellung zu übertragen. Einige schienen sogar noch nicht oder nicht mehr über Kenntnisse hinsichtlich der operativen Beziehungen zwischen den Stellenwerten zu verfügen. Vermutlich hat der Grundschulunterricht bei der Grundlegung eines Verständnisses für die Prinzipien eines Stellenwertsystems den Prozess des Aufbaus einer Grundvorstellung abgekürzt und sich verfrüht auf die Bildung formal-schematischer Fertigkeiten konzentriert. Daher muss im Rahmen dieser Unterrichtseinheit eine operative Einsicht in das Wesen des Stellenwertsystems gewonnen werden. Dies erfordert eine didaktische Modellierung der für das Stellenwertsystem konstitutiven arithmetischen Strukturmomente.
Zuvor aber kommt es mir darauf an, der dezimalen Kodierung von Zahlen die Selbstverständlichkeit zu nehmen, die sie in den Augen der Schüler hat. Nachdem sie Einsicht in andere Zahldarstellungsmöglichkeiten erworben haben, werden sie (so hoffe ich) aufmerksamer sein auf die Besonderheiten und die besondere Zweckdienlichkeit des Dezimalsystems.
Das Allgemeine, Prinzipielle des Stellenwertsystems an sich (das Dezimalsystem ist ja nur ein Modell dieses abstrakten Zahldarstellungsprinzips) soll über das Handeln in konkreten Bündelungssystemen (als didaktische Modellierungen) mit den Bündelungszahlen 5 (Strichlisten für Ereignismengen; Zusammenfassung von gleichartigen Objekten zu Einheiten auf wachsenden Stufen), 4 (musikanalytische Einteilung passender Techno-Stücke in Beats, Takte und Sound-Abschnitte) und 2 deutlich werden: Eine Zahldarstellung gemäß dem Stellenwertprinzip ist aufzufassen als verkürzt geschriebene Summe von Vielfachen von Potenzen zur Basis des jeweiligen Stellenwertsystems.
(Der Bildung des Verständnisses für das Potenzieren muss ein eigener Raum gegeben werden. Bis es erreicht ist, genügt die Kenntnis der Namen für die Einheiten (die Potenzwerte) des jeweiligen Systems. Zwischen dieser vertrauteren, konkreten Sicht und dem Potenzverständnis vermittelt der zentrale Begriff der Bündelungsstufen, denen die Einheiten der Bündelung einerseits und die Stellen (als Ordnungszahlen) in einer Zifferndarstellung andererseits zugeordnet sind. Der anschaulichen didaktischen Modellierung des Stufenbegriffs werde ich besondere Aufmerksamkeit widmen.)
Eine noch größere Distanz vom Allzu-Vertrauten (aber nur unzureichend Durchschauten) wird durch die Arbeit am römischen Zahldarstellungssystem geschaffen. Deshalb ist es jetzt Unterrichtsgegenstand.
Das römische System ist im Prinzip ein Additionssystem,
das heißt, bei der Dekodierung eines mit römischen Zahlzeichen erzeugten
Zahlworts werden die Werte der einzelnen Zahlzeichen addiert. Multiplikative
und Potenzierungsbeziehungen brauchen für ein Verständnis dieses Systems nicht
bedacht zu werden. Die wesentliche Kodierungsregel besagt, dass die Zahl
additiv durch Hintereinandernotierung der Zahlzeichen M (für eintausend), D
(für fünfhundert), C (für einhundert), L (für fünfzig), X (für zehn), V (für
fünf) und I (für eins) aufzubauen ist, und zwar von links anfangend mit dem
Zeichen für den jeweils größten der Summanden und dann weiter angeordnet nach
absteigendem Wert.
Die weitere (schreibökonomisch motivierte) Regel, dass die Zahlzeichen M, C, X
und I in einem Zahlwort nicht häufiger als dreimal (und übrigens die Zahlzeichen
D, L und V höchstens einmal) nebeneinander verwendet werden sollen, führt zu
einem Kodierungsproblem für alle Zahlen, in deren systemgerechter additiver
Zerlegung 4 gleiche Summanden auftreten - das bedeutet: Dezimale
Zahlwörter mit den Ziffern 4 und 9 können nicht ohne weiteres in die Sprache
des römischen Systems übersetzt werden. Dieses Problem - und seine Lösung durch
Anwendung der „Subtraktionsregel“ - soll Thema der heutigen Unterrichtsstunde
sein. Die Subtraktionsregel besagt, dass, wenn abweichend von der Regel
für die Zahlzeichenanordnung ein Zahlzeichen mit kleinerem Wert vor einem
Zahlzeichen mit größerem Wert steht, diese beiden Zeichen zu einem
Zahlwort zusammenzufassen sind, dessen Wert die Differenz aus dem größeren und dem kleineren Zahlzeichenwert ist.
Die Erkenntnis und operative Durcharbeitung des beschriebenen Problems und die Sicherheit in der Anwendung der genannten Subtraktionsregel sind die Unterrichtsziele der heutigen Stunde.
Geplanter Verlauf:
1. Schüler stellen Jahreszahlen und Inschriften vor, die sie an alten Häusern in ihrer Umgebung entdeckt haben. Jahreszahlen, die mit römischen Zahlzeichen dargestellt sind, werden an der Tafel notiert und in die dezimale Darstellung transformiert.
Dabei werden wiederholt: die Bedeutung der römischen Zahlzeichen, die Additionsregel und die Regel über die Höchstzahl der Anwendung der einzelnen Zahlzeichen in einem Zahlwort. Diese Regeln wird von den Schülern formuliert, an die Tafel geschrieben und ins Heft übernommen.
2. Aufgabe: Welche Zahlen könnten mit römischen Zahlzeichen nicht dargestellt werden, wenn es nur diese beiden Regeln gäbe?
- Bearbeitung in Partnerarbeit.
- Unterrichtsgespräch zur Herausarbeitung des Problems und seiner Lösung, die in der Anwendung einer dritten Regel, der Subtraktionsregel, liegt.
- Formulierung der Subtraktionsregel; Anschrieb an die Tafel; Übernahme ins Heft.
3. Übung in der Anwendung der Subtraktionsregel in Partnerarbeit: Die Schüler stellen einander Aufgaben, in denen die Subtraktionsregel angewendet werden muss: Zahldarstellungstransformation römisch → dezimal und umgekehrt.