Grundschulpädagogische Fragen

Liebe macht blind

Vieler (Grundschul-)Lehrerinnen und Lehrer Herz ist von Kopf bis Fuß auf Methode eingestellt. Das Was des Unterrichtens ist ihnen ohne weiteres hinlänglich bekannt, und die Adressaten ihres Unterrichts liegen ihnen ohnehin sehr am Herzen; bleibt als Problem nur noch zu klären, wie sie ihr Wissen auf die Kinder übertragen können. Methode muss zwei Gütekriterien erfüllen: Sie muss den Kindern Spaß[1] machen, und sie muss zu einem Instrument ausgestaltet sein, mit dem die Lehrperson das Unterrichtsgeschehen unter Kontrolle halten kann. Eine Stundenplanung ist gerettet, wenn man eine tolle methodische Idee hat.

Wenn das Leben in unseren Grundschulen sichtbar blüht, hat daran die Methodenverliebtheit der Lehrerinnen einen nicht unbeträchtlichen Anteil. Die Fragen der didaktischen Analyse haben es daher nicht leicht, in aller Bescheidenheit zu einem kritischen Innehalten aufzufordern:
→ die Frage nach der didaktischen Funktion der angewandten Methode:
Trägt die tolle Methode das, was den Sinn jedes Unterrichts ausmacht: die möglichst gründliche geistige Arbeit an dem jeweiligen Thema? Oder werden die Schüler nur themaorientiert beschäftigt?
→ und die Frage nach der in der Methode zum Tragen kommenden pädagogischen Grundposition und Perspektive:
Inwiefern kann eine einzelne Unterrichtsstunde dazu beitragen, dass sich die Bildungs- und Erziehungsarbeit des Lehrers Stück für Stück selbst überflüssig macht? [2]


1Vgl. Postman, Neil (dt.: Reinhard Kaiser): Wir amüsieren uns zu Tode. Urteilsbildung im Zeitalter der Unterhaltungsindustrie. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch 1988 (1985), Kapitel „Unterricht als Unterhaltung“. Siehe insbesondere S. 181.

[2]: Die "Eigenstruktur der Erziehung" (Blankertz) arbeiteten bereits Jean Jacques Rousseau und Immanuel Kant heraus.